Seefeld ist eines der berühmtesten Langlaufgebiete Österreichs. Auf den Olympialoipen schwitzen viele erfahrene Läufer, aber auch Anfänger finden hier ideale Bedingungen. Nun bietet der Ort ein neues Lernpaket für ambitionierte Sportler.

Aller Anfang ist schwer, auch beim Langlaufen. Man wackelt in der Übungsspur hin und her, immer wieder verhindert nur der Stockeinsatz einen Sturz. Dabei wirkt es so einfach, wie die Könner auf der Überholspur grazil und kraftvoll durch den Schnee gleiten, an der Seekirche vorbei Richtung Alpenpanorama. Bis gerade eben dachte man, ein passabler Skifahrer zu sein. Einen Kurs zum Langlaufen, braucht man das überhaupt?

„Wie beim Tretroller fahren mit einem Bein anschieben, nur abwechselnd“, ruft Thomas Unterfrauner, 23, früher Rennläufer, jetzt Langlauflehrer in Seefeld. „Der Oberkörper und das gestreckte Bein müssen eine Gerade bilden. Aber nie das Knie durchdrücken und nach hinten lehnen, sonst fällst du um.“

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Oi schau ich da genervt und grantig aus 😄 Aber nein, ich war nur total konzentriert (nicht zu fallen💥). Heute das dritte mal auf den langlaufskiern unterwegs und es lief nicht mal so übel. Markus meinte ja, ich hätte Talent 😄 mit Hund lässt sich dieses Hobby nicht allzu gut ausführen, deswegen ging's nach 30 Minuten in die Laufschuhe😎 Langlaufen war für mich aber echt anstrengender als der trailrun danach mit 🐕 im tiefen Schnee 😁 #stayfocused 🤸‍♀️☃️ habt einen schönen Samstagabend ❤ #ASICSFrontRunner#runnergirls#runner#fitfam#fitgirls#fit#inspiringwomenrunners#lifeontherun#laufen#nevernotrunning#runnersofig#sportslover#instagood#instadaily#instalike#speedup#trails#trailrunning#trailrunner#lovetirol#visittirol#crosscountry#langlauf#langlaufen#crosscountryskiing#zillertal

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Unterfrauner ist geduldig, und er lobt bei jeder Gelegenheit. Er kennt die Probleme, mit denen erfahrene Alpinfahrer beim Umsteigen auf die nordische Technik zu kämpfen haben. Viele machen den gleichen Fehler, erklärt er. Sie lehnen sich nach vorne oder hinten, weil sie gewohnt sind, dass der Skischuh sie hält. Tut er nicht, wie man an dem älteren Herrn auf der Nebenspur gerade sieht.

Junge Läufer

Seien wir ehrlich: Langlaufen hat nicht den aufregendsten Ruf aller Wintersportarten. Es gilt als anstrengend und altbacken, gesund und vernünftig. Ein Seniorensport. „Vor sieben Jahren haben wir mit Ü-60 angefangen“, gibt Martin Tauber zu. „Aber jetzt haben wir viele Gäste zwischen 30 und 50, die Skating lernen wollen.“

Tauber ist der Chef von Thomas Unterfrauner. Bis 2007 lief der 38-Jährige bei Weltcup-Rennen mit, für eine Goldmedaille reichte es nie. Vor sieben Jahren eröffnete Tauber in seinem Heimatdorf Seefeld eine Langlaufschule. Mittlerweile ist sie die größte in Österreich.

Für den Trend, dass immer mehr Jüngere vom Alpinfahren zum Langlaufen wechseln, hat Tauber eine interessante Erklärung. Der Grund sei weniger, dass viele Skiarenen für die Tagespässe mittlerweile 40 oder 50 Euro verlangen. „Die Kosten spielen weniger eine Rolle als die Angst vor Verletzungen“, sagt der Ex-Profi. „Wer nach dem Studium einen Job ergattert hat, möchte ihn nicht durch einen langen Ausfall riskieren.“ Ein anderer Faktor ist wahrscheinlich der Fitnesstrend, der sich auch im Boom des Skitourengehens zeigt. Wie auch immer, Seefeld lebt gut vom Langlaufen.

Schneekanonen für Loipen

Um den Dorfplatz drängen sich fünfstöckige Nobelhotels, in die Auslagen der kleinen Fußgängerzone ist Designer-Skimode drapiert. Viele der Gäste, die vorbei spazieren, haben schlanke Ski geschultert. Sie sind wegen der 270 Kilometer Loipen angereist und wegen der 160 Kilometer Skating-Spuren.

Seinen Ruf als nordische Hochburg hat Seefeld in Tirol spätestens seit den Olympischen Winterspielen von 1964 und 1976 in Innsbruck. Seefeld war damals der Schauplatz der nordischen Wettbewerbe. Gegenüber anderen Langlauforten hat man hier den Vorteil, auf 1.000 Metern Höhe zu liegen. Dennoch wird längst mit Kunstschnee nachgeholfen. Elf Schneekanonen blasen das künstliche Weiß auf die Loipen. Bis zur Nordischen Ski-WM im Jahr 2019 will Seefeld auf 22 Kanonen aufrüsten.

Auch die Loipen werden für das Großereignis erneuert. Das Höhenprofil und die Breite werden neuen Vorschriften angepasst. Bisher hat eine Diagonalspur gereicht, jetzt müssen es zwei nebeneinander sein. Die Zahl der Loipenkilometer soll allerdings nicht steigen. „Die 270 Kilometer kann sowieso kein Urlauber auslaufen“, sagt Tauber. Manche Nebenloipen sind längst überwachsen, auf anderen laufen den ganzen Winter 25 Leute. „Und die haben sich wahrscheinlich verlaufen.“

Laut Thomas Unterfrauner gibt es drei Arten von Langlaufen. Die erste ist das Skiwandern, bei dem man sich mit beiden Ski im Schnee vorwärts schiebt. Bei der zweiten Form kommt der hintere Ski beim Abstoßen nach oben, während sich die Hüfte des Gleitbeins nach vorne schiebt. „Das ist die erste Stufe des eigentlichen Langlaufens“, sagt Unterfrauner. „Dahin wollen wir die meisten Leute bringen.“ Dafür muss man allerdings eine gewisse Sportlichkeit mitbringen. „Das Stichwort ist Körperspannung. Wer ein koordinativer Legastheniker ist, wie wir sagen, schafft das nicht.“ Und die dritte Stufe erst recht nicht: das Gleiten jeweils nur auf einem Ski.

Beleuchtete Spuren

Nach einer halben Stunde Hin- und Herrutschen klappt Stufe zwei einigermaßen. Also raus auf die A1-Loipe, eine blaue Route, die nachts sogar beleuchtet wird für die Feierabendsportler und die Unermüdlichen. Wir fahren durch einen Tunnel, und dann wird es anstrengend: der erste Anstieg, lachhaft kurz, und doch melden sich gleich die Oberschenkel. Es gibt wenige Sportarten, die so den ganzen Körper fordern, hat Unterfrauner vorhin gesagt. Stimmt.

Genau deshalb ist Langlaufen so attraktiv für ambitionierte Ausdauersportler. An sie richtet sich das neue dreitägige Paket von Martin Tauber. In der Zeit gibt er auch Tipps, mit welchem Training sich Grundlagen-Muskulatur aufbauen lässt. „Es geht darum, eine Basis zu schaffen, damit man viele Kilometer ökonomisch zurücklegen kann“, erklärt Tauber. „Zum Beispiel für einen Skimarathon.“

Von solchen Fantasien ist man an Tag eins noch sehr, sehr weit entfernt. Nach jeder halben Runde auf der Anfängerstrecke ist eine kurze Pause angesagt, der Atem geht schwer. Ein Grauhaariger, sicher 30 Jahre älter, skatet leichtfüßig vorbei. Feine Flocken fallen. Auch das lernt man beim Langlaufen, ob mit oder ohne Kurs: Demut.

(APA)